BASF, Gazprom und Rosneft und der Nachwächterstaat

28. April 2022 2 Von Uli Gierse

Aus seiner Geschichte sollte Deutschland drei Lehren gezogen haben: Nie wieder Angriffskriege. Nie wieder Massenmorde. Nie wieder Tyrannei. Spätestens seit 2014 hätte das Verhältnis zu Russland durch diese Lehren geprägt sein müssen. War es aber nicht.

Dazu zwei Beispiele ( Ohne Nord Stream 1 und 2):

1. Teil: Der Verkauf der Gasspeicher an Gazprom (Gabriel)

17.12.2013 Neue Groko: Unter Kanzlerin Angela Merkel werdenSigmar Gabriel Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister (2013 -2017) und  Frank Walter Steinmeier Bundesaußenminister (2013 – 2017)

Und dann der Schock:

18.März 2014 völkerrechtwidrige Annexion der Krim

„Mit dem Bruch völkerrechtlicher Verträge wie dem Budapester Memorandum von 1994 über die Achtung der bestehenden Grenzen der Ukraine sowie weiterer Grundsätze der KSZE-Schlussakte von 1975, der Charta von Paris 1990 und der NATO-Russland-Grundakte 1997 durch Russland besteht eine internationale Krise. Auch der 2008 verlängerte Russisch-Ukrainische Freundschaftsvertrag hatte die territoriale Integrität garantiert. In Resolution 68/262 der UN-Generalversammlung wurde die territoriale Integrität der Ukraine und die Ungültigkeit des von Russland initiierten Referendums festgehalten.[1]

12 Tage später:

26.März 2014 Bundeswirtschaftsminister Gabriel billigt den Verkauf von Gasspeichern an die Investorengruppe Letterone. Deren Gründer ist der russische Oligarch Michail Fridman. Er gilt als großer Unterstützer Putins. Eigentümer der Speicher war damals die RWE-Tochter DEA, die mittlerweile mit BASF- Wintershall fusioniert ist.

Oder doch?

Mai 2014: Die G7-Energieminister (mit Gabriel) beschließen: Die G7-Staaten wollen sich wegen der Ukraine-Krise mit Flüssiggas-Importen, großen Gasspeichern und mehr Pipelines aus der Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen befreien. Die EU-Kommission drängt auf Mindestreserven beim Gas wie es sie schon beim Öl gibt. Die Bundesregierung lehnt ab, es gebe genug Gas auf dem Markt.  

Schon verjährt?

Ende 2015: BASF verkauft alle deutschen Gasspeicher an Gazprom

Die Kasseler BASF-Tochter Wintershall gibt das deutsche Gashandels- und Gasspeichergeschäft vollständig an Gazprom ab. Dafür bekommt BASF im Gegenzug mehr Anteile an großen Erdgasfeldern in Sibirien.

Die Europäische Kommission hatte bereits Anfang Dezember 2013 (vor der Krim-Annexion) grünes Licht für den Deal erteilt. Abgesichert wird dieser Deal mit Bundesbürgschaften (Hermes), d.h. wenn BASF-Wintershall in Russland z.B. enteignet wird, zahlt der deutsche Steuerzahler. Mit dem BASF-Deal bekommt Gazprom Zugriff auf rund ein Viertel der deutschen Gasspeicher.

2. Teil: Übernahme der Öl-Raffinerie Schwedt durch Rosneft

Gas oder Öl – ist doch eins:

Ende 2021: Rosneft hat das Vorkaufsrecht auf den Erwerb von 37,5 % der Anteile an der PCK Raffinerie Schwedt GmbH von Shell ausgeübt. Entsprechende Benachrichtigungen wurden an den Partner übermittelt. Die Transaktion unterliegt der Zustimmung der Regierung und der Aufsichtsbehörden. Durch den Kauf wird Rosneft seinen Anteil an PCK von 54,17 % auf 91,67 % erhöhen.

Rosneft ist der drittgrößte Akteur auf dem deutschen Ölraffineriemarkt. Das operative Geschäft erfolgt über eine Tochtergesellschaft, Rosneft Deutschland GmbH. Dieses Unternehmen managt sowohl die Versorgung der Raffinerien, deren Anteile Rosneft gehören (PCK Raffinerie GmbH, MiRO-Raffinerie, Bayernoil-Raffinerie), mit Rohöl als auch den Verkauf von Erdölprodukten.

Die PCK Raffinerie GmbH in ermöglicht die Versorgung mit Urals-Rohöl über die Druschba-Pipeline. Die Kapazität der Raffinerie beträgt 11,6 Millionen Tonnen pro Jahr (Rosnefts Anteil an der Kapazität beträgt derzeit 6,3 Millionen Tonnen pro Jahr).[2] Ministerpräsident Dietmar Woidke begrüßt die Übernahme der Shell-Anteile an der PCK Raffinerie in Schwedt durch den russischen Konzern Rosneft: „Die stärkere Beteiligung von Rosneft an der PCK Raffinerie ist eine gute Nachricht für das Unternehmen, die Stadt Schwedt und die gesamte Region. Das Bekenntnis des Unternehmens zum Standort Schwedt ist zugleich ein Vertrauensbeweis gegenüber dem Land Brandenburg als Industriestandort. Damit sind der Standort und auch viele Arbeitsplätze langfristig gesichert. Das klare Bekenntnis von Rosneft zur Entwicklung und Produktion umweltfreundlicher Produkte in Schwedt ist ein weiterer Schritt zur klimagerechten Mobilität und damit zukunftsorientiert.“[3]

25.2.2022 ( ein Tag nach dem russischen Angriff) berichtet DER SPIEGEL[4]:

Wirtschaftsministerium prüft Anteilskauf an deutscher Raffinerie durch Rosneft

„Das Bundeskartellamt hatte Rosneft noch am Montag, also drei Tage vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine, kartellrechtlich die Übernahme von weiteren 37,5 Prozent der Unternehmensanteile erlaubt. Die Genehmigung sei erteilt worden, weil dem Kauf keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken entgegengestanden hätten, so ein Sprecher der Bonner Behörde.

Rosneft ist bereits Mehrheitseigner der Raffinerie, nach dem Zukauf würde der russische Staatskonzern nach eigenen Angaben 91,67 Prozent der Anteile halten. Ex-Kanzler und Gaslobbyist Gerhard Schröder (SPD) ist Aufsichtsratsvorsitzender von Rosneft.“

Vielleicht hätte das Olaf Scholz in seiner Stamokapzeit  als einen systemtypischen Superdeal zum Vorteil von Monopolen, eingefädelt von (sozialdemokratischen) Politikern, bezeichnet?


[1] Annexion der Krim 2014 – Wikipedia

[2] Quelle: www.rosneft.de vom 17. November 2021

[3] Quelle: www.brandenburg.de vom 17. November 2021

[4] PCK in Schwedt: Wirtschaftsministerium prüft Rosneft-Kauf von Anteilen an deutscher Raffinerie – DER SPIEGEL