
Gäbe es ohne grüne MinisterInnen mehr Klimaschutz?
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Im 30-Stunden-Koaltionsausschuss vom letzten Wochenende ist für den Klimaschutz weniger rausgekommen als im Koalitionsvertrag festgelegt wurde. Also ein Rückschritt?
Das lässt sich nicht unabhängig von Alternativen diskutieren. Die Frage heißt also, wäre in einer Jamaika-Koalition oder einer SPD-geführten GroKo mehr herausgekommen? In Berlin haben CDU/SPD jetzt ein 10 Milliarden Programm für Klimapolitik geplant – und das locker kreditfinanziert. Wäre das mit rotrotgrün auch möglich gewesen?
Doch zuerst einmal zurück zur Situation der Grünen in der Ampel. Die grünen Ministerinnen machen Fehler, aber unterm Strich schlagen sie sich bisher wacker. Die Energiewende scheint zu klappen.
Doch jetzt betrifft die Klimapolitik nicht nur zwei Stahlwerke oder zwei Chemieriesen, sondern rückt dem Normalbürger in seinem kleines Häuschen auf die Pelle.
Ab 2045 soll es gar keine fossile Energie- oder Wärmegewinnung mehr geben. Und da wäre es doch Schwachsinn 2024 noch eine neue Gas- oder Ölheizung zu kaufen. Das Gebot ab 2024 nur noch neue Heizungen mit mindestens 65% erneuerbaren Energien zuzulassen, ist daher konsequent. Doch da kommen bei vielen Ängste auf, sich die Umrüstung nicht leisten zu können.
Deshalb soll es eine Unterstützung für sozial Schwache geben. Scholz: “Wir lassen niemand allein”.
Doch ist ein Besitzer eines Einfamilienhauses oder einer Eigentumswohnung überhaupt sozial schwach? Gehört er vom Vermögen her gesehen, nicht zu den Reicheren? Ein schwieriges Abwägen, was SPD und FDP deshalb gern bei Robert Habeck ablegen. Deshalb ist der Erfolg in der Frage des Ersatzes für fossile Heizungen ab 2024 vielleicht nur ein Pyrrhussieg, der die Unzufriedenheit der Bürger gezielt auf die Grünen richtet.
Und für den identitären Teil der Anti-Klimapolitik-Träger in AfD und FDP ( die im aktuellen Politbarometer jeweils um 3% zulegen zulasten von SPD und Grünen) hat die FDP noch ein Türchen für Gasheizungen geöffnet: Gasheizungen mit „Wasserstoff ready“ sind auch noch erlaubt.
Könnte ja sein, dass 2045 in dem 511.000 Kilometer Gasleitungen statt Erdgas Wasserstoff, ready to go into the Gasheizung, zischt. Könnte sein, könnte aber auch nicht sein, weil der Wasserstoff für Chemie, Stahl und Glas Priorität hat. Doch darüber sollte der Staat sich, wenn es nach der FDP ginge, keine Gedanken machen, denn das regelt der Markt. Wahrscheinlich wird der Markt es richten, sprich Deutschland kauft Wasserstoff von den ehemaligen Ölscheichs und alle ärmere Ländern können sich Wasserstoff nicht leisten, müssen deshalb für ihre Industrie bei Erdöl oder Erdgas bleiben.
Kurz, die Grünen sind die großen Verlierer bei diesem Gipfel. Einhellige Meinung in den Medien ist, dass das Bündnis Lindner/ Scholz sich in allen strittigen Punkten durchgesetzt hat und der schwarze Peter bei der sogenannten „Wärmewende“ bleibt bei Robert Habeck, der sich den Hass der Häuslebesitzer weiter zuziehen darf.
Konsens war die Planungsbeschleunigung bei der Genehmigung von Windrädern, PV-Anlagen und der dem vereinfachten Ausgleich der dafür benötigten Naturflächen. Das stand auch schon im Koalitionsvertrag, mit Ausnahme des Ausgleichs für versiegelt Naturräume, von denen kann man sich jetzt freikaufen. Ob das ein Gewinn für den Naturschutz ist, wird man sehen.
Strittig waren im Verkehrsbereich:
- die Beschleunigung des Autobahnausbaus in 144 Teilbereichen von ca. 1000 km, gar nicht zu reden vom kompletten Stopp des Baus neuer Autobahnen;
- die Wiederherstellung und Ausbau der Bahn-Infrastruktur (Gleise, Brücken) – ( geschätzt 45 Milliarden, Ergebnis 20 Milliarden für die Bahn)
- die Abrechnung nach Sektoren, insbesondere des Verkehrsbereich, der seine Ziele krass verfehlt.
In allen drei Punkten hat sich die FDP mit Unterstützung der SPD durchgesetzt.
Und über das Kindergrundsicherungsgesetz und seine Finanzierung wurde erst gar nicht geredet.
Meine naive Sicht auf das Verhandlungsergebnis ist, dass die Grünen sich als Weltmeister im Krötenschlucken bewährt haben, Habeck versucht das als besonders clever zu verkaufen, getreu dem Motto von 2017, die Klügsten geben nach, um Deutschland in der Krise zu retten. Das war in den Jamaikaverhandlungen 2017 noch ein Erfolgsprinzip, denn das bürgerliche Spektrum hat aufmerksam feststellen können, dass Grüne kompromissbereit sein können. 2023 aber wird es zum Loser Prinzip, der die Klimaschutzbewegung in Resignation oder Radikalisierung treibt. War das Nachgeben 2017 noch pragmatisch und ermöglichte den Schulterschluss mit der Merkelunion gegen die FDP, ist es heute das Eingeständnis der Niederlage und der neuen Anti-Klimakoalition zwischen SPD und FDP gegen die Grünen.
Es stellt sich die Frage, wie sollen die Grünen aus dieser Position wieder rauskommen? Doch das ist eine parteitaktische Frage, was mich interessiert, ist die Frage, wie ist eine bessere Klimapolitik zu erreichen?
Man stelle sich mal vor, eine neue GroKo hätte dieses Paket ausgehandelt, was würde Robert Habeck als Oppositionsführer dazu sagen? Wie würde die Klimabewegung reagieren?
Ich glaube, eine GroKo hätte dieses Mist nicht vorstellen können, hätte sich vielleicht über die Erhöhung des CO²-Preises hinter dem Markt versteckt, die vier AKWs liefen weiter, aber es gäbe inzwischen ein Tempolimit und keine Beschleunigung des Autobahnausbaues.
Das kann man als naiv abstempeln, vielleicht ist es das auch, aber es war schon immer so, dass die härteren Maßnahmen von dem jeweils anderen politischen Lager durchgeführt werden können: Hartz IV von der SPD, Wehrpflichtabschaffung und Atomausstieg von der Union.
Und vielleicht ist es 2025 aus der Opposition ausnahmsweise mal leichter die Nr. 1 zu werden, da selbstverständlich auch die GroKo die Klimaziele nicht erreichen würde.
Hola hombres,
der SPIEGEL hat gleich 7 RedakteurInnen für die Titel-Story “Sie werden uns an die Wand drücken” aufgeboten. Der Bericht bzw. die Einschätzung ist lesenswert. Fazit: Diese Koalition ist auf Messers Schneide.
Die FDP ist der heitere Sieger und die SPD macht das, was sie historisch am besten kann: Prinzipien über Bord werfen, wenn es der Macht dient. Das Bild der Grünen wirkt sehr zerrissen. Der SPIEGEL mutmaßt, dass es schnell vorbei sein könnte. Lützerath war Vorgeplänkel; jetzt werden die GRÜNEN vorgeführt. Das Image wird systematisch von rechts beschädigt und von links regiert der Unglaube über die Zahnlosigkeit der GRÜNEN. Mein Nachbar hat seit einem Jahr Photovoltaik und kauft sich gerade ein E-Auto. Er lehnt die Grünen inbrünstig ab. Der Ansatz seiner Anschaffung ist neoliberal: Kosten sparen auf Basis eigener Entscheidung. Die Wahlergebnisse in Berlins Bezirken zeigen das Problem fehlender Akzeptanz der GRÜNEN deutlich: Bis auf das Zentrum wird “grün” abgelehnt. Es ist mehr als die klimapolitische Haltung. Es ist die Distanz zum nicht-grünen Publikum. Es darf auch nicht vergessen werden, dass die GRÜNEN mit nur 15 % in die Regierung gewählt wurden. Das ist keine echte Machtbasis, besonders dann nicht, wenn die Sozialdemokraten dieses Spiel treiben, den GRÜNEN beim fröhlichen Zerreiben zuzuschauen bzw. das auch noch zu moderieren. Mein Vorschlag: Raus aus diesem nutzlosen Dilemma und überlegen, wie die Basis vergrößert werden kann, um in Zukunft nicht von Neoliberalen erpresst zu werden. So wie aktuell erodiert der neu gewonnene Einfluss. Mich schaudert es auch, wie es die GRÜNEN im Norden von Hamburg schaffen wollen, ein grünes Erholungsgebiert (Diekmoor) mit Neubauten zu versiegeln und sich viele Beteiligte fragen, ob das wirklich die Umweltschutzpartei ist, die sich da gerade für Beton stark macht. Der Protest – Nabu unterstützt – ist heftig. Ich bin in dieser Ecke Hamburgs aufgewachsen und kann nicht glauben, was da abgeht. Und es geht dabei nicht wirklich um seltene Molche;)
Meine erste Reaktion wär : Austreten aus dieser Koalition und als Opposition deine neue Regierung vor sicher treiben. Meine zweite Reaktion: Alles nochmal genau lesen und die Rechtfertigungen abwarten. Meine dritte Reaktion: Austreten , aber genau wissen, dass unsere Führung , das nicht machen wird, siehe deren Rechtfertigung u deren Beharrungswillen. Allerdings stimmme ich dem letzten Satz zu: gute Aussichten für die nächste Wahl: Grüne lassen nicht alles mit sich machen werden als Unbeugsame Anerkennung gewinnen und dann such wieder Pisten besetzen können. Jetzt verliert ten sie Ansehenund Image , und sind dann 202) weg vom Fenster.