Gas-Umlage und Entlastungspakete sind Fehlkonstruktionen

Die Fakten liegen auf dem Tisch: Die Energiepreise sind exorbitant gestiegen und der Ukraine-Krieg ist in erster Linie durch das Gas-Embargo Russlands für die besonders hohen Gaspreise verantwortlich. Die wiederum schlagen auf den Strompreis durch das seltsame Konstrukt des Merit-Orders durch, wonach die teuerste Energie zur Erzeugung von Strom den Preis vorgibt. Würde das Prinzip umgedreht werden, würden Sonnen- und Windenergie den Preis bestimmen. Aber Gas aus Russland war mal sehr günstig und hat nun den anderen teuren Ressourcen wie Atomkraft, Kohle und Öl den Rang abgelaufen. Nun können die europäischen Rechenkünstler ein Modell entwickeln, dass den Strompreis anders berechnet. Nur, und das ist der eigentliche Skandal, ist dieses nicht gerade konsistente Modell seit vielen Monaten nicht hinterfragt worden ist, obgleich die Entwicklung mehr als absehbar war. Die EU und viele nationalen Vertreter fingen an zu überlegen, als die ersten Insolvenzen bei den Gerichten angemeldet wurden und ganze Branchen den Niedergang fürchten. Das ist hochgradiges politisches Versagen mehrerer Politiker-Generation von Gerd bis Robert. Letzterer ist schlichtweg überfordert, denn die Aufgabe ist für einen Nicht-Ökonomen ohne entsprechende Expertise des Umfelds (Berater) nicht zu meistern.
Das Ministerium hat in der Gänze versagt und es ist für mich als Sympathisant der Grünen besonders schmerzlich, diesem Dilettantismus zuzuschauen. Der Unsinn der Gas-Umlage wird schon deutlich, wenn die Senkung der Mehrwertsteuer von 19 % auf 7 % gegengerechnet wird. Bei einem Gaspreis von 20 Cent pro KWh senkt sich der Verbraucherpreis um 2,4 Cent, was genau der Umlage entspricht. Natürlich sind die Haushalte unterschiedlich betroffen und bei vielen deckt die Senkung der Mehrwertsteuer nicht die Gas-Umlage. Das Problem ist der Ansatz gegenläufiger Effekte. Was soll das? Die Mehrbelastungen der Haushalte durch gestiegene Energiepreise sind indes viel erheblicher als die Gas-Umlage. Und es ist kein schlechter Scherz, dass viele Haushalte nicht mehr wissen, wie das „Leben“ noch finanziert werden kann und die Befürchtungen Marcel Fratzschers (DIW) dramatischer Privat-Insolvenzen sind alles andere als übertrieben.
Die Regierung und dazu zählt in gewisser Weise auch die EU-Kommission hat es durch Nichtstun geschafft, dass diese Situation entstanden ist. Viele europäische Länder haben sich geschickter angestellt und Haushalte wie Unternehmen unter einen Schutzschirm der Energiepreis-Deckelung gestellt. Ganz ähnlich wie weiland die Verlautbarungen von Merkel und Steinbrück zur Sicherheit deutscher Spareinlagen während der Finanzkrise 2007-2009. Wieviel Druck wird aus einer Gesellschaft genommen, wenn der Staat in Vorleistungen tritt, um die Existenzen von Haushalten und Unternehmen zu schützen. Der Flickenteppich von Gas-Umlagen und Serien von Entlastungspaketen gibt „Feuer frei“ für Bild-Hetze, rechtspopulistisches Zündeln und Wagenknecht’sches Geschwurbel.
In der Addition von Mehrwertsteuersenkungen und den diversen und vielleicht noch nicht beendeten Entlastungspaketen wird eine Summe herauskommen, die wohl nicht wesentlich von den Schutzschirmen der Preisdeckelungen der „schlauen“ Nachbarländer wie Frankreich, Spanien, Belgien, Portugal, Griechenland etc. abweichen wird. Die Gegenfinanzierung kann sowohl über die Extra-Besteuerung der Übergewinne von Energiekonzernen erfolgen als auch über eine Form von Steuern, die einen sozialen Ansatz verfolgen: Einen Energie-Soli, der eben an der Höhe der Einkommensteuer gekoppelt ist. Damit wurde der Osten Deutschland finanziert. Hier geht es um nicht weniger, denn die Spaltung der Gesellschaft steht auf dem Spiel. Und die einkommensstarken Gruppen können auch gegen „Putin“ mehr tun als Menschen in der Nähe des Mindestlohns, die aus guten Gründen keine oder wenig Einkommensteuern zahlen und damit auch keinen „Energie-Soli“ entrichten müssten.
Lieber Thomas, vielen Dank, dass du FEININGER aus dem Sommerloch geholt hast. Inhaltlich stimme ich dir auch zu, sehe aber die Ursachen etwas anders. Am Anfang steht der Logos, heißt es in der Bibel. In der Ampel heißt das, am Anfang steht die Einhaltung der Schuldenbremse. Robert konnte also nicht anders als den Gas-Großhändlern mit einer Umlage zu Hilfe zu kommen. Dass das anfangs zu handwerklichen Fehlern geführt hat, ist sicher ein Ergebnis von zu wenig Prüfung im eigenen Haus. Die MWSt- Reduzierung ist wiederum das Werk von Scholz/Lindner, die gern mit der Gießkanne an Probleme herangehen, denn dann bleibt auch was bei den Porschefahrern und den Porsche-Mechanikern hängen. Nicht gesehen wurden bisher Menschen, die zwar einen Job haben, aber nur bis zu 2000 € monatlich verdienen. Auch die können sich Strom- und Gaspreise plus um ca. 20% teurere Lebensmittelpreise nicht mehr leisten. Und die Produzenten von Lebensmitteln wie auch kleinere Bäckereien können die gestiegenen Kosten nicht an die Verbraucher weitergeben, denn die können sich das nicht mehr leisten. Du hast Recht, es droht eine Insolvenzwelle. Habeck hat heute, vorbehaltlich einer Koalitionsabstimmung (!), direkte Hilfe für kleine Unternehmen angekündigt. Aber siehe oben: Am Anfang steht…
Letztlich geht es offensichtlich nicht um Logos, hier mal übersetzt als Logik, sondern um Symbol- und Klientelpolitik. Am 9. Oktober wählt Niedersachsen. Und da sich die Linke aktuell zerlegt, gibt es bundesweit keine Opposition, sondern nur Populismus. Liebe Grüße!
Hi Uli,
es müssen keine Staatsschulden wachsen, wenn Steuern auf Übergewinne die Gas-Einkäufer stützen. Der Bund kann sich auch ähnlich wie bei der Lufthansa einbringen und Kredite/Bürgschaften gewähren. Auch das würde Lindner nicht in Bedrängnis bringen. Der hätte am meisten Probleme mit einem Energie-Soli, weil ja Steuererhöhung. Das würd aber wirklich nur die Besserverdienenden treffen. So what. Da müssten sich die Grünen mal durchsetzen. Ich erwarte zumindest eine Kommunikation der Grünen, die bessere Optionen aufweist. Das aktuelle Gemurkse hat ihnen erst einmal 4 Prozentpunkte im Minus eingehandelt. Von Habeck, den ich ansonsten sehr schätze, ganz abgesehen. Die Grünen machen sich in diesem Konflikt ohne stabile Haltung zum Obst. Das kann man nicht immer auf die anderen Ampel-Parteien schieben. Ich hoffe, dass im Rahmen einer EU-Regelung der Gaspreisdeckel kommt. Das kann wunderbar mit Malus bei über 80 % des aktuellen Verbrauchs gelenkt werden. Dann würde die Wurst etwas höher gehalten werden. Auch eine Lösung über Quadratmeter pro Kopf könnte helfen. Dann würden die Villen- und Schloss-Besitzer endlich gemessen an ihrem Co2-Fußabdruck zur Kasse gebeten. Mit den aktuellen Regelungen (Pakete) bekommen Reiche und reiche Rentner Staatsgelder, die dort nicht hinfließen dürfen. In meinem Sportverein war es kurz davor, dass 15-jährige Übungsleiterhelfer, die noch zuhause wohnen, mit 300 EUR beworfen werden.
Heute kam die Erhöhung von Süwag ins Haus: 4,58 ct/KWh mehr. Neben das Gasbeschaffungsumlage kommt noch eine Gasspeicherumlage dazu. Dann noch Überträge, weil statt Oktober nun erst ab November der Verbrauch zählt. 1,56 Cent würden durch Mehrwertsteuersenkung abgezogen werden. Per Saldo eine Erhöhung von 3,02 C7/KWh ab November. Das ist im Verhältnis zu den Erhöhungen außerhalb der Festpreis-Verträge harmlos. Meine Tochter zahlt 20 statt 10 Cent und die Umlage kommt noch obendrauf. Bei mir macht die Erhöhung nur 63 % aus. Die Haushalte werden momentan dem Spekulationsmarkt überlassen. Es mehren sich die prominenten Stimmen der Preisdeckelung mit Grundsockelabsicherung. Die DGB-Vorsitzende hat bei “Illner” gute Beiträge dazu geliefert und zurecht moniert, dass es viel früher hätte geschehen können. Der soziale Friede wurde hier eine wenig ohne Not strapaziert.