Gas-Umlage und Entlastungspakete sind Fehlkonstruktionen

13. September 2022 3 Von Thomas Ertl

Die Fakten liegen auf dem Tisch: Die Energiepreise sind exorbitant gestiegen und der Ukraine-Krieg ist in erster Linie durch das Gas-Embargo Russlands für die besonders hohen Gaspreise verantwortlich. Die wiederum schlagen auf den Strompreis durch das seltsame Konstrukt des Merit-Orders durch, wonach die teuerste Energie zur Erzeugung von Strom den Preis vorgibt. Würde das Prinzip umgedreht werden, würden Sonnen- und Windenergie den Preis bestimmen. Aber Gas aus Russland war mal sehr günstig und hat nun den anderen teuren Ressourcen wie Atomkraft, Kohle und Öl den Rang abgelaufen. Nun können die europäischen Rechenkünstler ein Modell entwickeln, dass den Strompreis anders berechnet. Nur, und das ist der eigentliche Skandal, ist dieses nicht gerade konsistente Modell seit vielen Monaten nicht hinterfragt worden ist, obgleich die Entwicklung mehr als absehbar war. Die EU und viele nationalen Vertreter fingen an zu überlegen, als die ersten Insolvenzen bei den Gerichten angemeldet wurden und ganze Branchen den Niedergang fürchten. Das ist hochgradiges politisches Versagen mehrerer Politiker-Generation von Gerd bis Robert. Letzterer ist schlichtweg überfordert, denn die Aufgabe ist für einen Nicht-Ökonomen ohne entsprechende Expertise des Umfelds (Berater) nicht zu meistern.

Das Ministerium hat in der Gänze versagt und es ist für mich als Sympathisant der Grünen besonders schmerzlich, diesem Dilettantismus zuzuschauen. Der Unsinn der Gas-Umlage wird schon deutlich, wenn die Senkung der Mehrwertsteuer von 19 % auf 7 % gegengerechnet wird. Bei einem Gaspreis von 20 Cent pro KWh senkt sich der Verbraucherpreis um 2,4 Cent, was genau der Umlage entspricht. Natürlich sind die Haushalte unterschiedlich betroffen und bei vielen deckt die Senkung der Mehrwertsteuer nicht die Gas-Umlage. Das Problem ist der Ansatz gegenläufiger Effekte. Was soll das? Die Mehrbelastungen der Haushalte durch gestiegene Energiepreise sind indes viel erheblicher als die Gas-Umlage. Und es ist kein schlechter Scherz, dass viele Haushalte nicht mehr wissen, wie das „Leben“ noch finanziert werden kann und die Befürchtungen Marcel Fratzschers (DIW) dramatischer Privat-Insolvenzen sind alles andere als übertrieben.

Die Regierung und dazu zählt in gewisser Weise auch die EU-Kommission hat es durch Nichtstun geschafft, dass diese Situation entstanden ist. Viele europäische Länder haben sich geschickter angestellt und Haushalte wie Unternehmen unter einen Schutzschirm der Energiepreis-Deckelung gestellt. Ganz ähnlich wie weiland die Verlautbarungen von Merkel und Steinbrück zur Sicherheit deutscher Spareinlagen während der Finanzkrise 2007-2009. Wieviel Druck wird aus einer Gesellschaft genommen, wenn der Staat in Vorleistungen tritt, um die Existenzen von Haushalten und Unternehmen zu schützen. Der Flickenteppich von Gas-Umlagen und Serien von Entlastungspaketen gibt „Feuer frei“ für Bild-Hetze, rechtspopulistisches Zündeln und Wagenknecht’sches Geschwurbel.

In der Addition von Mehrwertsteuersenkungen und den diversen und vielleicht noch nicht beendeten Entlastungspaketen wird eine Summe herauskommen, die wohl nicht wesentlich von den Schutzschirmen der Preisdeckelungen der „schlauen“ Nachbarländer wie Frankreich, Spanien, Belgien, Portugal, Griechenland etc. abweichen wird. Die Gegenfinanzierung kann sowohl über die Extra-Besteuerung der Übergewinne von Energiekonzernen erfolgen als auch über eine Form von Steuern, die einen sozialen Ansatz verfolgen: Einen Energie-Soli, der eben an der Höhe der Einkommensteuer gekoppelt ist. Damit wurde der Osten Deutschland finanziert. Hier geht es um nicht weniger, denn die Spaltung der Gesellschaft steht auf dem Spiel. Und die einkommensstarken Gruppen können auch gegen „Putin“ mehr tun als Menschen in der Nähe des Mindestlohns, die aus guten Gründen keine oder wenig Einkommensteuern zahlen und damit auch keinen „Energie-Soli“ entrichten müssten.