Tagebuch der Zerstörung

Tagebuch der Zerstörung

19. Februar 2025 0 Von Uli Gierse

Die aktuelle Zerstörung der regelbasierten Weltordnung. Das Werte- und Wirtschaftsmodell des Westens ist offensichtlich dabei bewusst zerstört zu werden. Ich will daher meine Gedanken dazu mal in einem fortlaufenden Tagebuch-Essay dokumentieren.

16.02.2025 Hegseth (bei der NATO) + Vance (bei der MSC): Der WESTEN is over

Der Orange-Man ist eine Erwachsenenversion des bösen Männleins, des Boogeyman. Dieser hatte die Funktion, Kinder zu erschrecken, die sich schlecht benehmen, nicht brav sind.

Die Mobilisierung von Ur-Ängsten machen sich moderne faschistische Gruppierungen zu Nutze. Da Chaos und Tabubruch auch die höchsten Klickzahlen mobilisiert, sind Tech-Überreiche die natürlichen Verbündeten dieser Strategie.

Ein 90-minütiges Telefongespräch zwischen dem Orange-Man und dem Stalin-Verehrer reicht aus, um die westliche Welt in Angst und Schrecken zu versetzen. Und das mit Recht, denn Trump und seine Truppe kündigen den europäischen NATO-Partnern und vor allem der Ukraine den militärischen Schutz der stärksten Armee auf.

Wir stehen, so der erste Eindruck, nackt und fröstelnd in der neuen Finsternis. Mich erinnert das stark an Mafia-Filme, in denen die Paten bei einem Essen in einem italienischen Restaurant ihre Besitztümer neu ordnen. Die Saudis dürfen servieren, weil sie Teil des Plans sind, Öl zur Waffe zu machen. Entscheidend aber ist, wer sitzt am Tisch und wer kommt auf den Teller?

Bisher sollen offensichtlich nur Trump und Putin am Tisch sitzen. (Ob das Xi gefällt?)

Wolodimir Selenskij darf dann die Teller abräumen. Die Europäer sind außen und kurz davor, auf dem Teller der Russischen Föderation zu landen.

Will man das? Macht man was dagegen?

19.02.2025 Neues Bündnis der Zerstörer?

Nicht nur ich habe die Befürchtung, dass es nicht etwa zu einem Handelskrieg zwischen dem BRICS-Lager und der USA kommen wird, sondern Trump 2.0 sich die Interessen der Tech-Konzerne zu eigen macht und eine neue Weltordnung etabliert, in der nur das Recht des Stärkeren regiert.

Aktuell zerreißt Trump die transatlantischen Verbindungen. Die gemeinsame Werteordnung Demokratie, Gewaltenteilung, Rechtsstaat, Freihandel, Menschenrechte, regelbasierte Marktwirtschaft ist dahin. Die NATO ist im Eimer, denn die Gewissheit im Zweifelsfalle durch die USA verteidigt zu werden, gibt es nicht mehr.

Trump will sich (und die USA) durch Erpressung bereichern. Grönland, Panama und Kanada dürfen sich als erste bedroht fühlen. Die Souveränität der Ukraine interessiert Trump nicht, sondern höchsten die Seltenen Erden in der Ostukraine. Trump glaubt genauso wie Putin oder Xi an das Recht des Stärkeren auf Einflusszonen inklusive militärischer Besetzung.

Dazu biete sich ein Deal mit den Lobbyisten der fossilen Rohstoffe in der OPEC an. Billige Energie ist das Glaubensbekenntnis des von Gott Auserwählten. Russland als einer der Big-Rohstoffdealer und Atombomben-Besitzer wird deshalb aktuell von Trump rehabilitiert und ist zurück im Risikospiel. Denn Russland ist der entscheidende Faktor, der das Potential hat durch militärischen Druck die EU zu zerlegen. Denn nichts hassen Musk und Co. mehr als Staaten, die auf den Gedanken kommen, das Geschäftsmodell der Tech-Konzerne, Hass als Währung und Marketinganker zu nutzen einschränken zu wollen. Hass heißt in Neu-Deutsch Meinungsfreiheit und wird im Kulturkrieg als Waffe gegen die liberale wehrhafte Demokratie eingesetzt. Deshalb ist es bezeichnend, dass J.D. Vance diese Kampagne von Musk, rechte Populisten in Europa zu stärken auch als zweithöchster Repräsentant der US-Administration auf der Münchener Sicherheitskonferenz vorgetragen hat. Dieses Treffen mit Gedanken zur Geostrategie zu befruchten, passt nicht mehr in die Kursänderung der Amerikaner.  

Freuen können sich die Chinesen, die das Geschäft der Propaganda auch ganz gut beherrschen und sich in München als die letzten Vertreter, die an einer regelbasierten Ordnung festhalten, inszeniert haben. Und wir müssen lernen, dass in der Regel, wenn Schwarz gesagt wird, Weiß gemeint ist – George Orwell lässt grüßen.  

Und wir müssen lernen, dass Nazis Nazisachen machen, dass heißt, dass sie genau das machen, was sie ankündigen. Das war in der ersten Amtszeit Trumps noch anders, da waren Trump und seine Anhänger noch unvorbereitet und die Beharrungskräfte in den US-Behörden noch stärker. Das ist jetzt aber vorbei.

Man sollte die Hoffnung nicht aufgeben, dass es noch vereinzelt Republikaner*innen gibt, die punktuell Widerstand leisten. Ich glaube es aber nicht, denn die Trump´sche Taktik, jede Gegenstimme mit dem Entzug seiner Unterstützung bei der nächsten Wahl zu beantworten, wirkt.

Die einzigen geopolitischen Akteure, die das Schreddern der liberalen Demokratien durch die noch stoppen könnten, sind die EU und vielleicht Kanada, Japan, Australien, Neuseeland und Süd-Korea.

Wünschenswert wäre ein geschlossenes Vorgehen der EU zur wirtschaftlichen und militärischen Unterstützung der Ukraine, beim Aufbau einer US-unabhängigen Kriegsfähigkeit und dem Aufbau einer resilienten Industriestruktur,  von Wirtschaftszweigen wie der Halbleiter- und Batterieindustrie sowie der Stärkung von Grundlagenstoffen und Pharmaprodukten in Europa.

Das wird aber nur funktionieren, wenn alle Staaten ihre nationalen Interessen ein Stück zurückstellen. Insbesondere Deutschland und Frankreich sind da gefragt. Wahrscheinlich ist nur eine Koalition der Willigen möglich.

Ehrlich gesagt müsste in Deutschland ein Wunder geschehen, damit der nächste Bundeskanzler mutig den europäischen Weg einschlagen könnte. Ich traue das Friedrich Merz durchaus zu, aber dazu muss er die CSU und ihre Freunde in der CDU einhegen und einen Koalitionspartner finden, der da mitspielt. Die Eintrittskarte in eine Bundesregierung Merz ist sehr teuer für SPD wie Grüne, denn dabei geht es um eine radikale Wendung in der ungesteuerten Migration. Erst nach einer Einigung beim Thema Migration werden sich die Geister an der Größe einer schuldenfinanzierten Kriegsfähigkeit der Bundeswehr scheiden. Da sind die Grünen am klarsichtigsten und die SPD am zerstrittensten.

Es gilt Prioritäten zu setzen. Meine Priorität wäre die Verteidigung der liberalen Demokratien in Europa, dann käme die Einhaltung der Klimaziele, die soziale und wirtschaftliche Stabilität könnte durch eine starke Rüstungsindustrie (auch als Ersatz für Autoproduktion) und eine Willkommenskultur für gezielte Einwanderung befördert werden. All das könnte innerhalb von 2-3 Wochen grob vereinbart werden, Trump, Putin und Xi warten nicht auf Europa.

Noch 5 Tage bis Ultimo. Wählt richtig!

19.02.2025 (2) Ermächtigungsgesetz 2.0

Trump macht sich zur Judikative und bestreitet das Recht der Justiz oder sonstwem, Verordnungen in Frage zu stellen, da nur ER vom Volk legitimiert sei.

Oberstes Ziel des neuen Tech-Totalitarismus ist es alle staatlichen Strukturen zu zerstören. Das ist das Neue. Es geht nicht mehr um die Eroberung des Staates wie im traditionellen Faschismus, sondern um die Durchsetzung der Macht der Mächtigen. Es ist eine Tech-Plutokratie, die an gestrebt wird. Ob das die MAGA-Nationalisten irgendwann mal merken?

20.02.2025 Trump wirft die Ukraine unter den russischen Panzer

Der Zerstörung des nationalen Check and Balance entspricht die Zerstörung der regelbasierten Ordnung nach dem Zweiten Weltkrieg. Galt in den letzten 80 Jahren mehr oder weniger das Prinzip, dass der Aggressor bestraft werden sollte und das Opfer entschädigt werden müsste, so dreht Trumpo dieses Prinzip jetzt um: Der Aggressor Russland (Putin) wird rehabilitiert und zum siegreichen Opfer umgedeutet. Der heroische Kampf der Ukrainer mit Präsident Selenskij wird als sinnlos gedisst und Selkenskij als Person zu einem Präsidenten ohne Rückhalt, zu einem Diktator umgedeutet. Die Delegitimation von Wolodimir Selenskij wird auf die Spitze getrieben,m wenn man von ihm verlangt sich trotz der Besetzung von 20% des ukrainischen Territoriums, der Flucht von MIllionen Ukrainern sofort zur Wahl zu stellen.

Putins Narrative werden zu 100% von Trump übernommen. Trump setzt noch einen drauf und behauptet, die Ukraine sei an dem russischen Überfall selbst Schuld, man hätte ja einen Deal machen können. Einen solchen spektakulären Wechsel der Seite in einem Krieg gab es historisch meiner Meinung nach noch nie, sieht man davon ab, dass Nazi-Deutschland die Sowjetunion überfallen hat, obwohl sie mit dem Stalin-Hitler-Pakt sich eigentlich einig waren in der Aufteilung Polens.